Wie kann die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zukunftssicher gestaltet werden? Mit dieser Frage beschäftigten sich zahlreiche Landräte aus Bayern bei einer Fachtagung des Bayerischen Landkreistags im Medizinischen Zentrum SOGESUND in Schongau. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Chancen und Herausforderungen sogenannter sektorenübergreifender Versorgungszentren (SÜVs).

Nach der Begrüßung durch Landrätin Andrea Jochner-Weiß und Thomas Lippmann, Geschäftsführer der Krankenhaus GmbH Weilheim-Schongau, erhielten die Gäste bei einer Begehung des Medizinischen Zentrums SOGESUND praktische Einblicke in die Struktur und Arbeitsweise eines sektorenübergreifenden Versorgungszentrums. Lippmann erklärte, wie man im Schongauer Modell ambulante, therapeutische und stationäre Angebote unter einem Dach koordiniert hat, um Versorgungslücken zu schließen und gleichzeitig die Effizienz zu steigern.

„Mit SOGESUND zeigen wir, wie die ambulant-stationäre Zukunft des Gesundheitswesens im ländlichen Raum aussehen kann“, sagte Lippmann. Und weiter: „Wir freuen uns, dass der Bayerische Landkreistag uns als Beispiel ausgewählt hat.“ Nun müsse die finanzielle Absicherung einerseits der Betriebskosten (Bund) und andererseits der Investitionskosten (Bund oder / und Land) erfolgen, damit solche Modelle dauerhaft Bestand hätten. Lippmann: „Die Kommunen können dies nicht aus ihren Haushalten stemmen.“

Experten zeigen Wege und Perspektiven auf

Im fachlichen Teil der Veranstaltung gaben drei namhafte Referenten Impulse zur Zukunft der Gesundheitsversorgung: Andreas Beivers, Professor für Volkswirtschaftslehre und Gesundheitsökonomie an der Hochschule Fresenius, erläuterte die ökonomische Notwendigkeit, stationäre Kapazitäten in ambulante Leistungsangebote umzuwandeln. Die Ambulantisierung, so Prof. Beivers, sei kein kurzfristiger Trend, sondern eine strukturelle Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit des Gesundheitssystems.

Jörg Risse, Geschäftsführer von Vicondo Healthcare und Professor für Krankenhausmanagement an der MSH Medical School Hamburg, zeigte praxisnah auf, wie ein SÜV etabliert werden kann: Von der Planung über rechtliche und organisatorische Voraussetzungen bis hin zu Fragen der intersektoralen Zusammenarbeit. Er hob hervor, dass kommunale Träger und regionale Netzwerke entscheidende Rollen bei der Umsetzung spielen.

Anschließend berichtete Roland Engehausen,  Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), über den aktuellen Stand der Verhandlungen zur Selbstverwaltung von SÜVs. Er machte deutlich, dass wesentliche Fragen, so etwa zur Leistungsbeschreibung oder zur Finanzierung aktuell intensiv auf der Bundesebene verhandelt würden. Bis dahin bleibe leider vieles unklar.

Engehausen ergänzte: „In Bayern bestehen bundesweit die größten Chancen, dass Kliniken künftig als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen einen wichtigen Beitrag zur Akutversorgung (ambulant und stationär) im ländlichen Raum leisten und die Angebote der Altersmedizin ausbauen können. Rund 20 Krankenhausstandorte im Freistaat sollten nach unserer Einschätzung diese Option gründlich prüfen, sobald der Versorgungs- und Finanzierungsrahmen bis Ende des Jahres feststeht. Zudem appellieren wir an die Vertragspartner und die Politik im Bund, diese Chance zur Zukunftsgestaltung nicht durch ungünstige Startbedingungen zu gefährden.“

Landkreise ziehen an einem Strang

Dr. Klaus Schulenburg, Referent für Soziales, Gesundheit und Krankenhauswesen beim Bayerischen Landkreistag, unterstrich die einheitliche Position der Landkreise in dieser Frage: „Die Landkreise stehen geschlossen hinter der Idee der sektorenübergreifenden Versorgungszentren.“ Schongau zeige, was möglich sei, wenn Kommunen Verantwortung übernehmen würden. Jetzt komme es darauf an, aus guten Praxisprojekten tragfähige Versorgungsangebote für die Bürger zu etablieren.

Die Fachtagung bot neben den Vorträgen und der Führung vor allem eines: Gelegenheit zum intensiven Austausch und zur Vernetzung der Landkreise, die ihre Krankenhausstrukturen weiterentwickeln wollen: Als Krankenhausträger haben sie großes Interesse an einer Gesundheitsversorgung in der Fläche.

Die Landräte bekannten sich zur Krankenhausreform und betonten die Notwendigkeit, nachhaltige Lösungen für kleinere Häuser zu finden – insbesondere dort, wo der Anteil stationärer Leistungen nicht mehr ausreicht, sie wirtschaftlich zu betreiben. Am Ende bestand Einigkeit: Die Zukunft der Gesundheitsversorgung liegt in der Ambulantisierung – vorausgesetzt, der Bund schafft klare gesetzliche Rahmenbedingungen und verlässliche Finanzierungsmodelle.